Marianne
Heller entschloß sich 1978 zur Gründung einer Galerie
für englische Keramik. Anlaß und Ausgangspunkt waren die Begegnung mit
der Keramik von Bernard Leach und seinen Nachfolgern in England. Sie begeisterte
sich für Leachs Vorstellung, nach der der Mensch in seinem Alltag mit
schönen Dingen umgeben sein solle und die gewöhnlichen Gebrauchsgegenstände
eine ästhetische Wertschätzung erfahren.
Gerade
das vielseitige Angebot englischer Keramik von hoher Qualität in Großbritannien
weckte in Marianne Heller den Wunsch dies einem deutschen Publikum bekanntzumachen
und durch neue Seherfahrungen ein Bewußtsein für Qualität auf dem hierzulande
immer noch unterbewerteten Gebiet der Keramik zu fördern.
Gerade letzteres Anliegen soll hier betont werden, denn die Aktivitäten
und das Engagement der Galeristin gehen weit über einen reinen Galeriebetrieb
hinaus.
Zu
nennen ist zuerst das “English Potters Seminar”,
das sie zehn Jahre lang bis 1992 in Sandhausen zur Qualitätsschulung und
zur Begegnung von Keramikern, Laien und Sammlern veranstaltete. Geladen
waren jeweils drei englische Töpfer, darunter so bekannte wie David Leach,
Colin Pearson, Michael Casson, Walter Keeler oder Jennifer Lee, die ihre
Arbeitsweise demonstrierten und von ihren Erfahrungen berichteten. Mit
stets über hundert Teilnehmern aus ganz Deutschland waren diese Seminare
ein großer Erfolg.
Dem Wunsch nach Vermittlung von Maßstäben und Vergleichsmöglichkeiten
dienen auch die zahlreichen ausstellungsbegleitenden Vorträge, die das
Werk einzelner Künstler behandeln oder Überblicke über jüngste Entwicklungen
der Keramikszene geben.
Auch
wenn sich das Programm der Galerie auf England konzentrierte, waren Künstler
aus Deutschland und anderen Ländern von Beginn an mit einbezogen. Exemplarisch
dafür stehen die in lockerer Folge veranstalteten deutsch-britischen Begegnungsausstellungen,
z.B. mit Johannes Gebhardt und Colin Pearson, mit Wendelin Stahl und Michael
Flynn, aber auch das aufwendige Unternehmen “Towards
the Future” anläßlich des fünfzehnjährigen Bestehens der Galerie,
das Arbeiten von dreißig jungen Deutschen und Briten versammelte. Die
Offenheit und Neugier der Galeristin bezeugen auch größere Ausstellungen
mit Künstlern aus Ungarn, Tschechien und der Schweiz, die unter anderem
durch politische Aktivitäten und persönliche Begegnungen angeregt wurden
und in öffentlichen Räumen stattfanden.
Lag
zunächst der Schwerpunkt der Galerie auf der Gefäßkeramik, so hat sich
in den letzten Jahren das Programm zugunsten einer Keramik verschoben,
die den Gebrauchswert negiert und in Opposition zu herkömmlichen Formen
experimentiert. In dieser Programmveränderung spiegelt sich neben der
Offenheit der Galeristin für neue Sehweisen natürlich auch der allgemeine
und länderübergreifende Trend, daß Keramiker von ihrem heutigen Seinsverständnis
aus sich zunehmend an der freien Kunst orientieren. In diesem Zusammenhang
stehen vor allem die repräsentativen, thematischen Ausstellungen wie
“Aspects of Sculpture” und “Change and Metaphor”,
die mit jeweils rund zwanzig bekannten Künstlern ein einmaliges Anschauungsmaterial
über die neuesten Arbeiten der englischen Keramikszene lieferten.
Marianne Heller versteht ihre Vermittlerrolle aber auch als Pflege und
Kontinuität. So sind bei ihr immer wieder Einzelausstellungen von Künstlern
zu sehen, die sie von Anbeginn vertreten hat und die es dem interessierten
Besucher ermöglichen, deren künstlerische Entwicklungen zu verfolgen.
Zu Marianne Hellers Engagement über die Galerie hinaus zählt auch ihr
stetiges Bemühen, mit Kunstvereinen, Museen und Institutionen zusammenzuarbeiten,
um ihre Ausstellungen noch an anderen Orten zu zeigen. Dazu zählen auch
die Ausstellungen in Heidelberg, von denen 1997 “The
Jerwood Prize Exhibition” anschließend in der Galerie für angewandte
Kunst, München, zu sehen war. In die engere Auswahl dieses in England
ausgeschriebenen, in Europa höchstdotierten Preises für angewandte Kunst,
kamen zehn Keramiker, von denen neun bereits in der Galerie vertreten
waren, z.B. Gordon Baldwin.
Marianne Hellers beträchtlichem Einsatz ist es zu danken, daß diese vom
Londoner Crafts Council übernommene Ausstellung der Preisträger in Deutschland
zu sehen und in so vorbildlicher Weise präsentiert war.
[ Nora von Achenbach, In: KeramikMagazin
]
1998, das Jahr des 20-jährigen Bestehens der Galerie,
war geprägt durch zwei große Ereignisse:
Gewachsene Bedürfnisse und weiter gestiegene Ansprüche veranlaßten Marianne
Heller ihre Galerie ins Zentrum Heidelbergs zu verlegen, wo nun in großzügiger
und urbaner Atmosphäre die Ausstellungen stattfinden.
- Die große Jubiläumsausstellung “Frauen
in Europa” mit 45 Künstlerinnen aus 15 Ländern.
- "Constructions: Ceramics and the Memory
of Architecture” war im Jahr 1999 der Beitrag
der Galerie zum Internationalen Keramik-Millenium in Amsterdam.
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