Auch im 37sten Jahr ihrer Heidelberger Galerie für zeitgenössische keramische Kunst läßt sich
Marianne Heller von keiner noch so fernen Ferne schrecken, internationale Spitzenklasse der Keramik
(und ein bißchen mehr...) in die Beschaulichkeit am Neckar zu holen. Nach wie vor steht die Galerie Heller
einzig da in der deutschen Galerienlandschaft, wobei es niemals um Novitäten oder Trends geht: Daß im
Programm 2015 die Mehrzahl der Künstler und Künstlerinnen nicht das erste Mal hier ausstellt, zeugt vom
langen Atem der Galeristin, vom Vertrauen der Künstler und zum Publikum. Und das Bewährte tut dem
Niveau des Ausgestellten keinerlei Abbruch...
Das Ausstellungsjahr beginnt am 22. Februar mit dem „Wunder schöner Dinge“: Gefäß- und Schmuckkunst
in Kombination. Mit diesem spektakulären Auftakt geben, nun gemeinsam, zwei gebürtige Australierinnen
ein wiederholtes Stelldichein. Die strengen Porzellanformen der Pippin Drysdale (*1943)
flimmern förmlich vor Farbintensität in satten Gelb-, Orange- und Rottönen, suggerieren Wärme und
Weite der kargen, sonndurchglühten Landschaften Australiens wie abstrahierte Erinnerungsbilder. Die für
ihre Arbeiten vielfach ausgezeichnete, zur Avantgarde internationalen Autorenschmucks zählende Helen
Britton (*1966) verarbeitet in ihren ungewöhnlichen Schmuckstücken scheinbar Disparates. Fundstücke
von edlem wie unedlem Material – Diamanten ebenso wie Kunststoffobjekte – erhalten aus Silber eine
überraschende, mitunter auch bizarre Neu-Fassung, werden zu postmodernen Kleinskulpturen von der
sprühenden Schönheit eigentümlich witziger Blüten. Die Wunder sind zu bewundern bis zum 29. März.
Am 19. April bricht eine keramische Urgewalt über die Galerie herein, um bis zum 14. Juni präsent zu sein.
Nach langer Zeit ist einer der bedeutendsten Keramiker aus Frankreich wieder in Deutschland zu sehen –
legendär schon der Name: Claude Champy (*1944). Wie kaum einer sonst steht er für die kraftvolle Entwicklung
des gedrehten, glasierten und im Holzofen gebrannten Gefäßes hin zu modellierten, gebauten
Gefäßobjekten und zu bildartigen Wandplatten, die trotz der keramischen Rabiatheit – aufgebrochene
Oberflächen, gratige Ränder und Kanten, geschüttete helle Glasuren auf dunklem Grund – die ganze
Subtilität keramischer Delikatesse behalten.
Vom 28. Juni bis zum 26. Juli wird die Galerie unter dem Titel „Bekanntes – Aktuell“ eine internationale
Auswahl aus eigenen Beständen zeigen – erweitert allerdings durch zwei Sonderpräsentationen:
Gleich mit Eröffnung der Accrochage stellt der österreichische Ausnahmekeramiker Thomas
Bohle (*1958) die bei dem renommierten Verlag Arnoldsche Art Publishers, Stuttgart erscheinende
neue opulente Publikation über sein keramisches Werk vor, selbstverständlich nebst einer kleinen
Schau seiner präzisen, ästhetischen Doppelwandgefäße. Doch damit nicht genug: Zum Abschluß der
Ausstellung am 26. Juli wird der als Professor an der State University of New York lehrende US-Keramiker
Marc Leuthold (*1962) mit einem Vortrag die eigene Arbeit mit Porzellan – abstrakte Skulpturen
mit filigranen Strukturoberflächen, aber auch Figürliches – vorstellen und Einblick geben in die
amerikanische Keramikszene.
Eine schon über 20 Jahre lang andauernde Fortsetzungsgeschichte erlebt dann ihre nächste Folge:
„Zwischen Prag und Budweis...“ heißt es wieder vom 9. August bis zum 20. September – keramische
Kunst von Miroslav Oliva, Elzbieta Grosseová, Jirí Laštovicka, Tomáš Proll, Eva Slavíková erwartet die Fortsetzungsbesucher der Galerie.
Und auch die inzwischen langjährige Zusammenarbeit mit der Tokioter Yufuku Gallery findet in diesem
Jahr eine weitere Folge – wieder wird mit dem Galerie-Schwerpunkt „Japan zu Gast“ vom 11. Oktober
bis zum 22 November erlesene Keramik und Kunsthandwerk aus dem Fernen Osten vorgestellt. Alle
Freunde japanischer Kunst mögen sich den Termin vormerken; sobald sie feststehen, werden die Einzelheiten
der Ausstellung bekanntgegeben.
Das furiose Finale des Ausstellungsreigens 2015 macht Susan O‘Byrne aus dem irischen Glasgow vom
6. Dezember bis Mitte Januar 2016 mit ihren wunderlich eigenartigen, zwischen Fabel und Naturbeobachtung
spielenden und im besten Sinne bezaubernden Tierplastiken: „Fabelhaftes“. Auch sie ist keine
Unbekannte am Ort, hatte sie doch ihre überaus erfolgreiche Einstandsausstellung in der Galerie vor drei
Jahren.
Australien – Frankreich – Österreich – USA – Tschechien – Japan – Irland – indem man die Galerie Heller
in Heidelberg regelmäßig besucht, kommt man 2015 ganz schön herum auf dem keramischen Globus...
Dr. Walter Lokau, Bremen
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